Aufwachzeitpunkt

der erstgeborene Gedanke des noch so jungfräulichen Tages
unaufhaltsam, rasend schnell biegt er um die Ecke
hackt sich schnurstracks rein in mein System
schlüpft unter meine soeben noch gedankenlose Kuscheldecke
schaufelt Input rein ohne Ende, werd null gefragt - bloß benutzt
alle Scheinwerfer gehen an und ich steh im gleißenden Licht
rausgebombt aus meinem Traum, so schreiend laut
bis Gegenwehr sinnlos erscheint und mein letzter Wille bricht
abrupter interruptus, Seelenreisen-Filmriss
stattdessen, zurück in meinem Körper, quälender ToDo-Listen Dünnschiss
welch ein diktierendes Gedankenstau-Geplage
welch mitleidloses Dejavü an jedem einzelnen meiner Lebenstage
Gedächtnis - Hochgeschwindigkeitsentleerung, so gefühlt unnötig wie ein Kropf
Neuronenblitze zündeln und köcheln in meinem Ursuppen-Kopf-Topf
sauerstoffraubende, überwältigend hohe Informations-Gebirge
türmen sich auf in meiner beinahe zu platzen drohenden Birne
Einfälle brodeln, Ideen quillen, Eingebungen aus dem Nichts, alle Nähte drohen zu platzen
innere Stimmen, wilde Horden die mich auslutschen und in mir brandschatzen
Legionen von plappernden Mündern
nichts weiter als inhaltsleeres Plündern
fühl mich meiner Zeit, Kraft und Lebensenergie beraubt
gefangen in meinem Synapsen-Labor, schwindelerregt das Innenohr
ans Messer- und ausgeliefert dem unermüdlichen Consultant-Chor
und wage ich es dennoch und schließe meine Augendeckel nochmals mutig zu
schwillt er gnadenlos weiter an dieser tosende Lärm im Inneren, vergönnt mir keinen Millimeter Ruh
so sehr wünsche ich mir noch ein wenig Gedankenlosigkeit und Leere
eine kurze Sequenz ganz ohne Denkinhalte, ein kleinwenig Gedächtnisverlust
abwesend ins Narrenkastl glotzen
doch was alleinig bleibt ist kompromisslose, rationale Automatik und bleierne Gedankenschwere
es ist mir nicht vergönnt, der Motor ist am Laufen, da hilft kein fluchen, wimmern, motzen
sind es auch wahrhaftig keine Funken der Erleuchtung, dessen ungeachtet sind sie existenziell
mein ureigenster menschlicher Antrieb
aus der Quelle die mich speist, aus dem Wesenskern meines Seins
mein Stille-Dieb
mein höchstpersönliches Gehirnschranken-Nudelsieb
katapultiert es mich